Der 1936 in der Schweiz geborene Alfons Bürgler begann schon als 16-Jähriger zu malen. Sein Werk umfasst Malerei, Zeichnung, Skulptur, Glasradierung und Fotografie. Seine Bilder, Objekte und Skulpturen sind vor allem in der Schweiz, aber auch im Ausland zu finden. Er durchlebte im Verlaufe eines spannenden Lebens intensive Phasen mit verschiedensten Maltechniken. Sein aktuelles Werk lebt von Rhythmus, Bewegung und Repetition und erinnert an hieroglyphische Schriften, Runen und Tanz. Er spricht denn auch von «Körperschriften».

In den letzten 15 Jahren hat Bürgler viele Aufträge für Kunst am Bau > in öffentlichen und privaten Gebäuden erhalten.

Im Jahr 2008 gründete er das Baumfiguren-Kabinett >, ein Museum mit Kulturlokal. Dafür suchte und fand er in Bäumen seine skulpturalen Gestalten. Heute wird dieses Museum von einem Verein geleitet.

Im Jahr 2016 gab es eine umfangreiche Retrospektive zu seinem achtzigsten Geburtstag. Es entstanden mehrere Filme > von seinem Schaffen. Bürgler lebt und arbeitet in Steinen bei Schwyz.


Alfons Bürgler is a Swiss artist. His work includes painting, drawing, sculpture, etching on glass and photography. His paintings, objects and sculptures are to be found mainly in Switzerland, but also abroad. In the last 15 years, Bürgler has received many commissions for art in public buildings and privat residencies. In 2007 he established a museum in Steinen, Switzerland for his Tree-Figures, the „Baumfiguren-Kabinett“, which has become a popular cultural center in Central Switzerland. Bürgler lives and works in Steinen, Switzerland.

Texte über Alfons Bürgler in deutscher Sprache:
Texts about Alfons Bürgler in English:

2023: Zeno Schneider
2021/1996: Dr. Stefan Paradowski, Agency for Art and Regional History
Agentur für Kunst- und Regionalgeschichte
2018: Cathrine Fassbind, Ascona
2016/11: Peter Killer, Director of the Olten Art Museum 1983-2001 Art critic AICA
Leiter des Kunstmuseums Olten 1983–2001 Kunstkritiker AICA
2002/00: Walter Hintermann, Kunstpädagoge/Lehrer für Bildnerisches Gestalten
1996: Markus Bamert, Kunsthistoriker


2023 ZENO SCHNEIDER, Retrospektive
Vernissage MedicoPlus art
 

Alfons Bürgler kommt als sechstes Kind der Familie drei Jahre vor dem 2. Weltkrieg in Illgau bei Schwyz zur Welt. Dabei stirbt seine Mutter. Ihm folgen fünf weitere Geschwister, so dass er als buchstäblicher Mittelpunkt der Schar aufwächst. Er wird Schneider und arbeitet im Welschland und im Tessin, um Französisch und Italienisch zu lernen. Nach der Geburt der ersten Tochter beginnt er, sich an Kunstschulen künstlerisch weiterzubilden. Eine erste Einzelausstellung 1982 in Schwyz wird zum grossen Erfolg.

Seither hat Alfons Bürgler unter selbst gewählten, auch abenteuerlich anmutenden Bedingungen als freischaffender Künstler in seinen Ateliers in Steinen ein immenses zeichnerisches, malerisches und drucktechnisches Werk geschaffen. Dabei hat sich seine Malerei in mehreren Wechseln stilistisch neu orientiert und sich vom Konkreten über das abstrakt-meditative Malen zur figurativ-ornamentalen Bildsprache entwickelt. Sein Baumfiguren Kabinett in Steinen zeigt seine plastischen Objekte, die er in der Natur entdeckt und denen er im glühenden Guss neue Bedeutung beimisst. Alfons Bürgler ist ein bestens bekannter, vielbeachteter und gefragter Protagonist der Schweizer Kunstszene. Seine Werke sind in öffentlichen und privaten Sammlungen breit vertreten.

Die hier ausgestellten Bilder stammen durchwegs aus früheren Epochen seines Wirkens und zeigen als Retrospektive das unabdingbare Fundament seines künstlerischen Weges. Sie belegen eindrücklich die aussergewöhnliche Begabung und Kunstfertigkeit wie seinen besonderen Blick auf den Gegenstand, der als Objekt in der bildnerischen Gestaltung im Wortsinn dargestellt wird. Und sie stehen dokumentarisch in der langen Reihe von stilistisch unterschiedlichen Arbeiten, die unumgänglich waren, um dahin zu gelangen, wo das umfangreiche Lebenswerk von Alfons Bürgler heute steht. Eine eindrückliche Rück-Schau. Ich bin Alfons Bürgler dankbar, dass er - nach etwas Bedenkzeit - dazu eingewilligt hat.


2021 DR. STEFAN PARADOWSKI, Agency for Art and
Regional History

A legacy from Alfons Bürgler

Alfons Bürgler is a Swiss artist, lives and works in Steinen SZ. His work techniques include acrylic and oil painting, watercolor, drawing, glass engraving, collage, etching, silkscreen, sculpture and photography.

Currently, Alfons Bürgler (*1936) is arranging his legacy, as it were - line by line, page by page. The most recent monochrome images are reminiscent of hieroglyphs or runes, live from rhythm, movement and repetition. None of the dancing individual characters is the same as the other. He speaks then also of "body writings". The canvas lies on the floor. Above it is an adjustable device. The artist lies on it on his stomach and "writes" all the time.

The pioneers of abstraction came from traditional representational painting. Piet Mondrian initially produced naturalistic works and gradually arrived at non-representational pictorial structures of rational-ascetic rigor and beauty. His contemporary Wassily Kandinsky wanted to make the "inner sound" of his thoughts visible in his paintings. Alfons Bürgler speaks of an "inner writing" that leads him into a new artistic realm. In his own way he creates the transition to non-objectivity, to abstraction. But dogmatism is not his thing.

The opening up of new modes of expression makes his statement - "Far be it from me to commit myself to a technique or to a theme." - understandable. In fact, his mutability is astonishing and constitutive. If one wants to pin him down as a draftsman, painter, aquarelist or engraver, he is already where one hardly suspects him to be and takes up a new artistic position. An example of this are the sculptural figures, the tree fi-gures. About this an art critic: "What a surprise! Huge branch goblins fill the room. Although the figures are firmly fixed, there seems to be a dance party going on: Some sway and bend, others strut around or watch in serene repose what's going on." These figures find a place to stay in the "Baumfiguren-Kabinett" in Steinen SZ and are open to the public.

2021 DR. STEFAN PARADOWSKI, Agentur für Kunst- und
Regionalgeschichte

Ein Vermächtnis von Alfons Bürgler

Alfons Bürgler ist ein Schweizer Künstler, lebt und arbeitet in Steinen SZ. Seine Arbeitstech- niken umfassen Acryl- und Ölmalerei, Aquarell, Zeichnung, Glasgravur, Collage, Radierung, Siebdruck, Skulptur und Fotografie.

Gegenwärtig ordnet Alfons Bürgler (*1936) gleichsam sein Vermächtnis an – Zeile um Zeile, Seite um Seite. Die jüngsten monochromen Bilder erinnern an Hieroglyphen oder Runen, leben von Rhythmus, Bewegung und Repetition. Keines der tanzenden Einzelzeichen ist gleich wie das andere. Er spricht denn auch von «Körperschriften». Die Leinwand liegt auf dem Boden. Darüber befindet sich eine verstellbare Einrichtung. Darauf liegt bäuchlings der Künstler und «schreibt» immerzu.

Die Pioniere der Abstraktion kommen von der traditionell-gegenständlichen Malerei her. Piet Mondrian fertigt anfänglich naturalistische Arbeiten an und gelangt allmählich zu ungegen- ständlichen Bildgefügen von rational-asketischer Strenge und Schönheit. Sein Zeitgenosse Wassily Kandinsky will den «inneren Klang» seiner Gedanken in Bilderfindungen sichtbar machen. Alfons Bürgler spricht von einer «inneren Schrift», die ihn in ein neues Kunstreich führt. Er schafft auf seine Weise den Übergang hin zur Ungegenständlichkeit, zur Abstrakti- on. Doch Dogmatik ist nicht sein Ding.

Die Erschliessung neuer Ausdrucksweisen macht seine Aussage – «Es liegt mir fern, mich festzulegen auf eine Technik oder auf ein Thema.» – verständlich. Tatsächlich ist seine Wandlungsfähigkeit erstaunlich und konstitutiv. Möchte man ihn als Zeichner, Maler, Aqua- rellist oder Stecher festnageln, ist er schon dort, wo man ihn kaum vermutet und nimmt eine neue künstlerische Position ein. Ein Beispiel dafür sind die skulpturalen Gestalten, die Baum- figuren. Darüber ein Kunstkritiker: «Welche Überraschung! Riesige Astkobolde füllen den Raum. Obwohl die Figuren fest fixiert sind, scheint sich da ein Tanzfest zu ereignen: Die ei- nen wiegen und biegen sich, die andern stolzieren herum oder beobachten in gelassener Ruhe, was sich da abspielt.» Diese Gestalten finden eine Bleibe im «Baumfiguren-Kabinett» in Steinen SZ und sind der Öffentlichkeit zugänglich.


2018 CATHERINE FASSBIND, Kunsthistorikerin

ALFONS BÜRGLER

Nach einer Phase des Experimentierens im Bereich der Figuration und Abstraktion findet Alfons Bürgler in den 1990er Jahren zu seiner charakteristischen visuellen Sprache. Es entstehen Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphiken und bemalte Holzobjekte, die der Künstler als KÖRPERSCHRIFTEN betitelt und die neben- und übereinander angeordnete, abstrahierte Menschen in unterschiedlichen bewegten Posen zeigen. Bürglers Menschenfiguren – mal flächig, mal graphisch ins Bild gesetzt – tanzen, gestikulieren, sind eng umschlungen, hüpfen oder geben einander die Hände. In einigen Werken tummeln sich bis zu tausend Figuren: „Auch wenn er in seinen Bildern viele Menschen zusammenbringt, handelt es sich nie um eine Masse, sondern stets um eine Gemeinschaft. Und die Einzelfigur [...] ist ein Energiebündel, das seinem Kraftüberschuss Ausdruck gibt. Und das wohlverstanden nicht auf eine aggressive Weise“ (Peter Killer 2008). Bürglers KÖRPERSCHRIFTEN leben von der Repetition der menschlichen Figur, ohne dabei ein gleichmässiges Muster aufzuweisen, und lassen aufgrund der Anordnung in Reihen sowie stilisierten Ausführung an hieroglyphische Schriftarten denken.

Der Mensch steht gleichfalls im Fokus der seit Beginn des Jahres 2000 geschaffenen BAUMFIGUREN, die den Charakter eines partiell modifizierten Objet trouvé besitzen und die als dreidimensionale Ausführung respektive Fortführung seiner KÖRPERSCHRIFTEN interpretiert werden können. An Waldrändern findet Bürgler Busch- und Baumverästelungen, die der Künstler um 180 Grad dreht und aus denen er mit Säge sowie Baumschere Figuren mit menschenähnlichen Zügen herausarbeitet. Seine zuweilen monochrom bemalten, bis zu drei Meter hohen BAUMFIGUREN treten dem Betrachter singulär, als Paar oder als Gruppe aufrecht oder geneigt stehend, fragil oder stabil, tanzend, kommunizierend oder schweigend gegenüber. Für seine Figuren – kleinformatige liegen auch als skulpturale Werke in Bronze vor – gründete der Künstler 2007 in Steinen, Kanton Schwyz, ein für die Öffentlichkeit zugängliches Privatmuseum: das Baumfiguren-Kabinett.

Der 1936 im zentralschweizerischen Illgau geborene Alfons Bürgler ist seit über 30 Jahren als freischaffender Künstler tätig. Nach einer abgeschlossenen Schneiderlehre besuchte er die Schule für Gestaltung in Luzern und die Neue Kunstschule Zürich. Seit 1969 beteiligt sich Bürgler regelmässig an Einzel- und Gruppenausstellungen in der Schweiz und im Ausland. Zudem realisierte er zahlreiche Kunst-am-Bau-Projekte in privaten und öffentlichen Räumen, unter anderem für die Hirslanden-Klinik St. Anna in Luzern (2007–2012) oder die OBC Suisse in der Europaallee in Zürich (2014). Bürgler lebt und arbeitet in Steinen SZ.


2016 PETER KILLER, Director of the Olten Art Museum
1983-2001, Art critic AICA

Alfons Bürgler in the Gallery Meier - congratulations!

In the bright rooms of the new Gallery Meier in Goldau - probably the largest private gallery in Switzerland - Alfons Bürgler shows a broad overview of his work over the last forty years. Half a year ago the versatile and vital artist turned eighty. We can congratulate him afterwards on his birthday, but also - and especially emphatically - on his outstandingly successful retrospective.

Works from four decades, namely drawings, watercolors, paintings, and tree figures - how could it be any different than that very different, contrasting works come together? The gallery owner Helmut Meier succeeded in combining the disparate into a beautiful, accentuated harmony. He deliberately refrained from a chronological arrangement.

Alfons Bürgler is a natural movement, embodying an unusually intense joy of life. He still loves to dance passionately and travels a lot. He brings home drawings and watercolours from his travels. Dance has remained the main theme of his panel paintings to this day. Usually there are dozens, sometimes hundreds of pairs, which he rows next to each other, painted with a brush or drawn into the wet paint with the end of the brush. His small and large three-dimensional goblins, with which Alfons Bürgler has made a name for himself as a sculptor, are also in motion. They have nothing to do with sculpting. Alfons Bürgler did not need chisels or carving knives to create these figures. But he cut them out, with the help of a saw, from small trees and trees in hedges and at forest edges, where they should have been cut down or thinned anyway. Since nature pursues other purposes than producing bipeds, which Alfons Bürgler can exhibit, the artist must abstract his forms in the maze of branches. Only an artist's eye is capable of discovering figures in the multitude of branches and little branches. Alfons Bürgler had many of the often very fragile figures brought into a form lasting for centuries by highly qualified bronze casters. They are so well cast that they can hardly be distinguished from wooden originals.

The fact that the theme of "movement" occupied the artist long before his "dancers" and his tree figures can be clearly seen in the exhibition. In the nineties, he created non-representational drawn and painted works with dense traces of movement, which he condensed into interesting structures in a spontaneous but long work.

Alfons Bürgler attended several design courses and art schools many years ago. But the trained tailor is ultimately self-taught. A professional art education often holds the danger that role models could obstruct one's own personal path. Alfons Bürgler, on the other hand, is unmistakably Alfons Bürgler. You can see for yourself in this exhibition.

 

2016 PETER KILLER, Leiter des Kunstmuseums Olten
1983–2001 Kunstkritiker AICA

ALFONS BÜRGLER IN DER GALERIE MEIER – HERZLICHE GRATULATION!

In den hellen Räumen der neuen Galerie Meier in Goldau – vermutlich die grösste private Galerie der Schweiz! – zeigt Alfons Bürgler einen breit angelegten Überblick über sein Schaffen der letzten vierzig Jahre. Vor einem halben Jahr ist der so vielseitige wie vitale Künstler achtzig geworden. Gratulieren kann man ihm nachträglich zum runden Geburtstag, aber auch – und das ganz besonders nachdrücklich – zur ausgezeichnet gelungenen Retrospektive.

Werke aus vier Jahrzehnten, nämlich Zeichnungen, Aquarelle, Malereien und Baumfiguren – wie könnte es anders sein als dass da sehr unterschiedliche, gegensätzliche Arbeiten zusammen kommen? Dem Galeristen Helmut Meier ist es gelungen, das Disparate zu einer schönen, akzentreichen Harmonie zu fügen. Auf eine chronologische Anordnung hat er bewusst verzichtet.

Alfons Bürgler ist ein Bewegungsnaturell, eine ungewöhnlich intensive Lebensfreude verkörpernd. Er tanzt immer noch leidenschaftlich gern und ist viel unterwegs. Von seinen Reisen bringt er Zeichnungen und Aquarelle nachhause. Der Tanz ist bis heute auf seinen Tafelbildern das Hauptthema geblieben. Meist sind es Dutzende, manchmal Hunderte Paare, die er neben- und untereinander reiht, mit dem Pinsel gemalt oder mit dem Pinselende in die nasse Farbe gezeichnet. In Bewegung sind auch seine kleinen und grossen dreidimensionalen Astkobolde, mit denen sich Alfons Bürgler einen Namen als Bildhauer gemacht hat. Mit Bild-Hauen haben sie zwar nichts zu tun. Stechbeitel oder Schnitzmesser hat Alfons Bürgler nicht gebraucht, um diese Figuren zu schaffen. Aber herausgeschnitten hat er sie, mit Hilfe einer Säge, aus Bäumchen und Bäumen in Hecken und an Waldrändern, wo ohnehin abgeholzt oder ausgelichtet hätte werden müssen. Da die Natur andere Zwecke verfolgt, als Zweibeiner hervorzubringen, die Alfons Bürgler ausstellen kann, muss der Künstler im Gewirr der Äste seine Formen herausabstrahieren. Nur ein Künstlerauge ist imstande in der Vielzahl von Ästen und Ästchen Figuren zu entdecken. Viele der oft sehr fragilen Figuren liess Alfons Bürgler von hoch qualifizierten Bronzegiessern in eine für Jahrhunderte dauerhafte Form bringen. Sie sind so gut gegossen, dass sie sich kaum von hölzernen Originalen unterscheiden lassen.

Dass das Thema «Bewegung» den Künstler schon lange vor seinen «Tanzenden» und seinen Baumfiguren beschäftigt hat, lässt sich in der Ausstellung anschaulich verfolgen. In den neunziger Jahren entstanden ungegenständliche gezeichnete und gemalte Werke mit dichten Bewegungsspuren, die er in spontaner, aber langer Arbeit zu interessanten Strukturen verdichtete.

Alfons Bürgler hat vor vielen Jahren einige Gestaltungskurse und Kunstschulen besucht. Der gelernte Schneider ist aber letztlich Autodidakt. Eine professionelle Kunstausbildung birgt oft die Gefahr, dass Vorbilder den eigenen, persönlichen Weg verstellen. Alfons Bürgler hingegen ist unverwechselbar Alfons Bürgler. Davon kann man sich in dieser Werkschau überzeugen.


2011 PETER KILLER, Director of the Olten Art Museum
1983-2001, Art critic AICA

Peter Killer, born 1945 in Zurich. Education as a primary school teacher. 1969-1973 Coeditor of the magazine "du" alongside Manuel Gasser. 1974-1994 freelance art critic at the Zürcher Tages- Anzeiger and exhibition organizer. 1983-2001 Director of the Olten Art Museum. Since then freelance, lives in Olten. - Numerous book publications on the subjects of art, folk art, architecture, but also on various aspects of cultural history.

Alfons Bürger – love and play

Anyone invited by Alfons Bürgler to his apartment at Herrengasse 11 in Steinen will get to see much more than in his tree figure cabinet and in his studio. More works of art, his own and those of his colleagues, found objects that he brought home from his hikes and orange, lemon, apple, carrot, cucumber, peach and other bowls that he skilfully cut and dried. (These bowls have become the subject of a beautiful photo series.) His art and his everyday life are marked by a deep love of nature. The small garden, his balcony garden and the many things that forests and meadows offer him in food and tasty food make Alfons Bürgler largely self-sufficient.

"Ohalätz": Whoever does not know Alfons Bürgler has a completely wrong idea after reading the first paragraph, thinks of a sectarian ecofreak, a herbal man - Alfons is also a passionate and excellent tango dancer, has travelled the world and is socially well connected, radiates cheerfulness, wit, even wisdom.

The psychoanalyst, social psychologist and philosopher Erich Fromm (1900-1980) distinguishes two basic human character structures: the biophilic and the necrophilic character. "Most people are individually distinct mixtures of necrophilic and biophilic orientations, and it depends on which of the two tendencies dominates. Alfons Bürgler is on the biophilic side to an unusual degree.

Erich Fromm defines biophilia as "the desire for growth, be it of a person, a plant, an idea or a social group. The biophile prefers to build rather than possess. He is capable of wondering and prefers to see something new rather than find confirmation of the old. He wants to shape and influence through love, reason and example, not through violence. Because he loves life and all its manifestations, he is not a passionate consumer. He has his own principle of good and evil. Good is everything that serves life. Good is respect for life, everything that promotes life, growth, development".

Another basis of Alfons Bürgler's creativity is his play instinct. In the standard work on the subject of "play", in "Homo ludens - vom Ursprung der Kultur im Spiel" by the Dutchman Johan Huizinga (1938) one reads: "Whether one thinks of the sacred or magical dances of the primitive peoples or of the Greek cult, of the dance of King David in front of the Ark of the Covenant or of the dance as a festive amusement, one can say in the fullest sense of the word that dance itself is play, indeed that it forms one of the purest and most perfect forms of play". Dance has long been a main theme of Alfons Bürgler's art. This applies to the tree figures - and also to the two-dimensional works: the figures, which the artist paints and draws in ever new ways, not closing himself to any technical experiment, are never motionless. They gesticulate, dance, jump - and in spite of all their exuberance they do not get in each other's way! In this community in which they find themselves, it is good to be.

According to Huizinga, the game is "outside the process of immediate satisfaction of necessities and desires, yes, it interrupts this process". The purposeless playing is a cultural achievement. So Alfons Bürgler should actually include in his fictitious œuvre catalogue the many sand and snow castles that he built, his snow caves, labyrinths and installations, as well as his giant pine worms made of snow. The same applies to his collection of algae balls, the nest of reed with snowballs as "eggs", and the numerous spontaneous sculptures made of stones, branches, waste iron, and other materials. That there are no photos of most of these works is clear from the definition of the game. "The game has its course and its meaning in itself" (Huizinga).

2011 PETER KILLER, Leiter des Kunstmuseums Olten
1983–2001 Kunstkritiker AICA

Peter Killer, geboren 1945 in Zürich. Ausbildung als Primarlehrer. 1969-1973 Neben Manuel Gasser Co-Redaktor der Zeitschrift "du". 1974-1994 freischaffender Kunstkritiker am Zürcher Tages- Anzeiger und Ausstellungsmacher. 1983-2001 Leiter des Kunstmuseums Olten. Seither freischaffend, lebt in Olten. - Zahlreiche Buchveröffentlichungen zum Thema Kunst, Volkskunst, Architektur, aber auch zu verschiedenen Aspekten der Kulturgeschichte.

ALFONS BÜRGER – DIE LIEBE UND DAS SPIEL

Wer von Alfons Bürgler in seine Wohnung an der Herrengasse 11 in Steinen eingeladen wird, bekommt noch viel mehr zu sehen als in seinem Baumfigurenkabinett und in seinem Atelier. Mehr Kunstwerke, eigene und solche von Kolleginnen und Kollegen, Gefundenes, das er von seinen Wanderungen nach Hause gebracht hat und Orangen-, Zitronen-, Apfel-, Rüebli-, Gurken-, Pfirsich- und andere Schalen, die er kunstfertig geschnitten und getrocknet hat. (Diese Schalengebilde sind Thema einer wunderschönen Fotoserie geworden.) Seine Kunst und sein alltägliches Leben sind von einer tiefen Liebe zur Natur geprägt. Der kleine Garten, sein Balkongärtchen und das viele, was Wälder und Wiesen an Essbarem und Wohlschmeckendem ihm anbieten, machen Alfons Bürgler weitgehend zum Selbstversorger.

Ohalätz: Wer Alfons Bürgler nicht kennt, hat nach dem Lesen des ersten Abschnittes eine völlig falsche Vorstellung, denkt an einen sektiererischen Ökofreak, ein Kräutermannli – dabei ist Alfons auch ein leidenschaftlicher und ausgezeichneter Tangotänzer, hat die Welt bereist und ist gesellschaftlich gut vernetzt, strahlt Heiterkeit, Witz, ja Weisheit aus.

Der Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Philosoph Erich Fromm (1900–1980) unterscheidet zwei grundlegende menschliche Charakterstrukturen: den biophilen und den nekrophilen Charakter. «Die meisten Menschen sind individuell ausgeprägte Mischungen von nekrophilen und biophilen Orientierungen, und es kommt darauf an, welche der beiden Tendenzen dominiert.» Alfons Bürgler steht in ungewöhnlichem Mass auf der biophilen Seite.

Unter Biophilie versteht Erich Fromm «den Wunsch nach Wachstum, sei es einer Person, einer Pflanze, einer Idee oder einer sozialen Gruppe. Der biophile Mensch zieht es vor, aufzubauen, statt zu besitzen. Er ist fähig, sich zu wundern, und er sieht lieber etwas Neues, als eine Bestätigung des Alten zu finden. Er möchte durch Liebe, Vernunft und Beispiel formen und beeinflussen, nicht durch Gewalt. Weil er das Leben und alle seine Erscheinungsformen liebt, ist er kein leidenschaftlicher Konsument. Er hat sein eigenes Prinzip von Gut und Böse. Gut ist alles, was dem Leben dient. Gut ist Achtung vor dem Leben, alles, was Leben, Wachstum, Entwicklung fördert.»

Eine weitere Grundlage der Kreativität Alfons Bürglers ist sein Spieltrieb. Im Standardwerk zum Thema «Spiel», im «Homo ludens – vom Ursprung der Kultur im Spiel» des Holländers Johan Huizinga (1938) liest man: «Ob man an die heiligen oder magischen Tänze der Naturvölker denkt oder an die des griechischen Kults, an den Tanz König Davids vor der Bundeslade oder an den Tanz als Festbelustigung, man kann im vollsten Sinne des Wortes sagen, dass der Tanz selbst Spiel ist, ja, dass er eine der reinsten und vollkommensten Formen des Spiels bildet.» Der Tanz ist seit langem ein Hauptthema der Kunst Alfons Bürglers. Das gilt für die Baumfiguren – und auch für die die zweidimensionalen Werke: Die Figuren, die der Künstler auf immer neue Weise, sich keinem technischen Experiment verschliessend, malt und zeichnet, sind nie reglos. Sie gestikulieren, tanzen, springen – und bei allem Übermut kommen sie sich nicht in die Quere! In dieser Gemeinschaft, in der sie sich befinden, ist gut sein.

Nach Huizinga steht das Spiel «ausserhalb des Prozesses der unmittelbaren Befriedigung von Notwendigkeiten und Begierden, ja unterbricht diesen Prozess.» Das zweckfreie Spielen ist eine kulturelle Leistung. Also müsste Alfons Bürgler in seinen fiktiven Œuvre-Katalog eigentlich auch die vielen Sand- und Schneeburgen, die er gebaut hat, seine Schneehöhlen, -labyrinthe und - installationen aufnehmen sowie seinen Riesentatzelwurm aus Schnee. Das gleiche gilt für seine Algenkugelsammlung, das Nest aus Schilf mit Schneeballen als «Eier» und die zahlreichen Spontanplastiken aus Steinen, Ästen, Abfalleisen und anderen Materialien. Dass von den meisten dieser Arbeiten keine Fotos vorhanden sind, versteht sich aus der Definition des Spiels. «Das Spiel hat seinen Verlauf und seinen Sinn in sich selbst» (Huizinga).


2002 WALTER HINTERMANN, Kunstpädagoge und
Lehrer für bildnerisches Gestalten

Zu den Bildern "Körperschriften" aus den Jahren 2001 und 2002

Alfons Bürgler's Werke in Öl, Acryl und Tusche leben vorwiegend von Zeichen und Figuren in Bewegung und erinnern an hieroglyphische Schriften. Der Künstler nennt diese Art von Malerei "Körperschriften" und schafft mit dieser speziellen Kunst eine neuartige Bildsprache.

Die Farbe

Alfons Bürglers neueste Bilder leben primär von den monochromen Bildflächen, deren Ausstrahlung den ganzen Raum erfüllen.
Sie lösen in mir ein vorerst unbestimmtes Gefühl aus, das nach intensiver Wahrnehmung einer ganz bestimmten Stimmung weichen kann: Ein zurückhaltendes, helles, leicht gebrochenes Blau strahlt Klarheit, Festigkeit und "glückliches Beginnen" aus, eine grosse, sanft gelbe Fläche füllt den Raum mit frühlingshafter, aktiver Aufbruchstimmung. Andere Flächen wirken als Herausforderung. Ein intensives Blau ruft nach entschiedener Stellungnahme, ein fastnächtliches Gelbgrün verlangt eher nach einer emotionsgeladenen Erinnerung oder nach einem Betrachter, der starke Gefühle aushalten kann. Die Faszination solcher Bildflächen entsteht durch die Art, wie der Künstler seine Bilder aufbaut. Es sind meistens mehrere Farbschichten, die mehr oder weniger transparent übereinander gemalt wurden. Eine untenliegende Farbschicht beeinflusst die darüber liegende. Alfons Bürgler lässt oft ein grundiertes Bild lange Zeit in seinem Atelier stehen, prüft die Wirkung einer Farbe und übermalt es dann mehrere Male, je nach Empfindung. Dabei experimentiert er auch mit den verschiedensten Farbmaterialien und Gestaltungsmöglichkeiten und erzielt so die unterschiedlichsten Bildwirkungen.

Farbe und Form

Die Bildflächen sind wie von einer Art Schrift oder Bilderschrift überzogen. Diese "craquelures" werden oft in die noch feuchte, oberste Bilderschrift eingeritzt. Dadurch werden darunter liegende Farben ebenfalls sichtbar und tragen so zur dezenten Farbwirkung des ganzen Bildes bei.

Die enge Verbindung von Farbe und Form, von Bildfläche und eingeritzten oder aufgemalten Zeichen, macht einen wesentlichen Teil der intensiven Ausstrahlung der Bilder aus. Dieser gestalterische Effekt wird dadurch erreicht, dass der Künstler die

Zwischenräume intuitiv und oft auch bewusst als Gestaltungselemente mit einbezieht. Er strebt eine harmonische Spannung und Ausgeglichenheit zwischen Figur und Grund an.

Stelen und Hyeroglyphen

Die Zeichen wirken manchmal als Schrift, manchmal eher als Bilder-Erzählung. Immer aber ist ihre Wirkung mit dem Eindruck von Trance, von "écriture automatique" verbunden: Zusammen mit dem farbigen Grund trifft mich eine überraschende Botschaft. Wie bruchstückhafte Mitteilungen aus einer alten Kultur mutet es mich an. - Sind es an historischer Stätte ausgegrabene Kritzeleien von Kindern, die eine Zeichen- oder Bilderschrift geübt haben? Begegnen wir da uralten, durch den Einfluss von Sand und Hitze verwitterten Rodeln aus einer frühgeschichtlichen Hochkultur am Euphrat? Erinnern die kleinformatigen, länglichen Holztäfelchen mit ihren Schriften nicht an vollgekritzelte Wachstäfelchen aus der Römerzeit?

Auch die übermannshohen, schmalen Stelen wirken in ihrer frontalen Ausrichtung wie Botschafter aus einer längst versunkenen Kultur. Wenn darauf flächig dargestellte, tanzende Gestalten erkennbar sind, erinnern sie mich an bemalte Wände in etruskischen Gräbern, andere wieder erinnern an aegyptische Hieroglyphenschriften, die vom glücklichen, prallen Leben im Diesseits und im Jenseits künden.

Dynamik und Meditation

Die Zeichen auf den Stelen und Bildern sind einander ähnlich, doch ist keines gleich wie ein anderes. Sie symbolisieren oft Menschen in Bewegung, und es geht eine starke Dynamik von ihnen aus. Manchmal verwandelt sich eine Zeile von tanzenden oder bewegten Figuren unversehens in abstrakte und verschlüsselte Symbole, die dann plötzlich wieder als Buchstaben, Zahlen, landschaftliche oder architektonische Elemente in Erscheinung treten. Dabei will Alfons Bürgler nicht eine bestimmte Botschaft an die Betrachterinnen und Betrachter richten.

Er bringt sich, nachdem die farbige Grundstimmung eines Bildes einmal festgelegt ist, in einen Zustand absoluter Lockerheit und Konzentration.
In diesem diffizilen Gleichgewicht und in einer Offenheit dem gegenüber, was in seinem Innern und bei jedem Pinsel- oder Kritzelstrich auf der Bildfläche vorgeht, lässt er ein Bild geschehen. Er tanzt beim Malen nicht nur bildhaft gesprochen vor der Leinwand, sondern er überträgt ganz real, in feinen rhythmischen und tänzerischen Bewegungen die wahrgenommenen Impulse auf die Bildfläche.

Ein altes Element aus Bürglers Schaffen gewinnt unversehens wieder an Bedeutung: das Element der Wiederholung oder des Automatismus, die Verbindung von Materiellem mit dem Geistigen.

2002 WALTER HINTERMANN, teacher for visual design

About the pictures "Körpererschriften" from the years 2001 and 2002

Alfons Bürgler's works in oil, acrylic and ink live mainly from signs and figures in motion and are reminiscent of hieroglyphic writings. The artist calls this type of painting "body writing" and creates a new pictorial language with this special art.

The colour

Alfons Bürgler's latest pictures live primarily from the monochrome surfaces whose radiance fills the entire room.

They trigger a feeling in me that is initially indefinite, which, after intensive perception, can give way to a very specific mood: A restrained, bright, slightly broken blue radiates clarity, firmness and "happy beginnings", a large, soft yellow surface fills the room with a spring-like, active atmosphere of departure. Other surfaces act as a challenge. An intense blue calls for a decisive statement, an almost nocturnal yellow-green calls more for an emotionally charged memory or for an observer who can endure strong feelings. The fascination of such picture surfaces arises from the way the artist constructs his pictures. It is usually several layers of paint that have been painted more or less transparently on top of each other. A layer of paint underneath influences the layer above. Alfons Bürgler often leaves a primed picture in his studio for a long time, checks the effect of a colour and then paints it over several times, depending on his sensation. He also experimented with the most diverse colour materials and design possibilities and thus achieved the most diverse pictorial effects.

Colour and shape

The picture surfaces are covered as if by a kind of writing or picture writing. These "craquelures" are often carved into the still moist uppermost pictorial font. This also makes the underlying colors visible and thus contributes to the subtle color effect of the entire image. The close connection between colour and form, between the picture surface and the engraved or painted signs, makes up an essential part of the intense radiance of the pictures. This creative effect is achieved by the fact that the artist intuitively and often consciously incorporates the spaces in between as design elements. He strives for a harmonious tension and balance between figure and ground.

Stelae and hyeroglyphs

The signs sometimes appear as writing, sometimes rather as a picture narrative. But their effect is always connected with the impression of trance, of "écriture automatique": Together with the coloured ground, a surprising message hits me. It seems to me like fragmented messages from an ancient culture. - Are they scribblings of children excavated at a historical site and practicing a sign or pictorial writing? Do we encounter ancient toboggans, weathered by the influence of sand and heat, from a prehistoric high culture on the Euphrates? Don't the small-format, elongated wooden tablets with their writings remind us of scribbled wax tablets from Roman times?

Even the over-man-high, narrow steles, with their frontal orientation, look like ambassadors from a long-since sunken culture. When dancing figures are recognizable on them, they remind me of painted walls in Etruscan tombs, others remind me of Egyptian hieroglyphic writings, which bear witness to the happy, plump life in this world and in the hereafter.

Dynamics and Meditation

The signs on the steles and pictures are similar to each other, but none is the same as another. They often symbolize people in motion, and a strong dynamic emanates from them. Sometimes a line of dancing or moving figures suddenly turns into abstract and coded symbols that suddenly appear again as letters, numbers, landscape or architectural elements. Alfons Bürgler does not want to address a particular message to the viewer.

Once the basic colour mood of a picture has been determined, he brings himself into a state of absolute relaxation and concentration.

In this difficult equilibrium and in an openness to what is going on inside him and with every brush or scribble stroke on the picture surface, he lets an image happen. While painting, he not only dances pictorially spoken in front of the canvas, but also transfers the perceived impulses to the picture surface in a very real way, in fine rhythmic and dancing movements.

An old element from Bürgler's oeuvre suddenly regains importance: the element of repetition or automatism, the connection of the material with the spiritual.


2000 WALTER HINTERMANN, Kunstpädagoge und
Lehrer für bildnerisches Gestalten

Auszug aus der Monographie, S. 138, 139, 140, von Walter Hintermann

Die Aufhebung von Zeit und Raum

Momente der Zeitlosigkeit. Wir sitzen am Meeresufer, die Füsse im Wasser und schauen in die Wellen. Wir tun nichts. Es genügt uns, zu spüren, zu riechen, zu sehen, zu hören und uns dem gleichmässigen Rhythmus hinzugeben. Gedankenverloren betrachten wir die Strudel, die sich beim Wegströmen des Wassers an unseren Fersen bilden, geniessen jedesmal das feine Kräuseln auf den Zehen, wenn das Wasser zurückfliesst, lassen uns einlullen vom gleichmässigen, an- und abschwellenden Geräusch des Wassers, bemerken nicht, dass es im Kopf an irgendetwas herumdenkt oder phantasiert, verlieren die Zeit und das Bewusstsein des gegenwärtigen Raumes. War es nicht füher in der Eisenbahn das gleichmässige Ratetah, Ratetah der Räder auf den Schienen, welches immer lauter und dominanter wurde und uns einschläferte oder fast in Trance brachte, in eben den Zustand des Verlusts von Zeit und Raum und bewussten Denkens? Es gibt noch viele Beispiele: Vielleicht erinnern wir uns an die Litaneien an Maiabenden in der Dorfkirche, an den Atem- und Laufrhythmus beim Joggen, an das berauschende Gefühl, das beim Tanzen aufkommen kann, wenn wir uns dem immer gleichen Rhythmus hingeben, an die entrückende Kraft von Trommelrhythmen, an das Wiegen und den Singsang von Müttern, die ihre Säuglinge beruhigen.

Fast alle Religionen aller Zeiten und aller Kulturen enthalten mehr oder weniger viele Formen von rhythmischer Betätigung. Dabei scheinen diese alle einen Sinn und ein Ziel zu haben, nämlich die Erlangung eines Trancezustandes, der es den Menschen ermöglichen soll, mit dem Überrationalen oder dem Transzendenten in Verbindung zu treten. Viele Meditationstechniken bauen auf dem Prinzip regelmässiger Rhythmen auf oder enthalten Elemente davon. Diese Elemente sind immer die gleichen: Ein Gestus gehört dazu, eine Bewegung, die sich beispielsweise als Atem, als Tanzschritt, als Ton, Klang, Wort, Handlung oder Zeichen zeigt, und die Elemente Repetition und Gleichmässigkeit. Die Darstellung von Transzendenz in Form der Aufhebung von Zeit und Raum ist ein grosses Thema in der bildenden Kunst. In historischer Sicht zeigt es sich beispielsweise in Ornamenten auf Steinen, Steinkreuzen oder auch in Teilen von Buchillustrationen. Ornamentale Gestaltungen islamischer Heiligtümer zählen ebenso dazu wie repetitive Elemente an gotischen Kathedralen.

Vincent Van Gogh unterwirft sich mit seinem ausgeprägten Pinselduktus ebenso dem Diktat der Repetition wie Adolf Wölfli, der ihm zwingender und ausschliesslicher ausgeliefert ist. Ausserdem wird diese Thematik in sehr vielen Werken der zeitgenössischen Kunst sicht- und spürbar.

Bei Alfons Bürgler sind die oben genannten Element in den abstrakten Bildern leicht zu erkennen. Diese enthalten oft regelmässige Ordnungen von Zeichen, die jedoch noch als Bildstrukur und einzelne Zeichen gelesen werden können (Abb. 122, 125, 126, 127). Die Zeichnungen auf Seite 142 zeigen deutlich, wie das repetitive Element manchmal überhand nimmt. Es liegt am Zeichenstift, mit dem der Künstler ohne abzusetzen weiter und weiter kritzeln kann. Die Entdeckung dieses Vorgangs führt zu weiteren Versuchen, die stundenlang fortgesetzt und so weit getrieben werden, bis nicht mehr eine undurchdringliche Oberflächenstruktur sichtbar ist, sondern ein Bild mit Tiefe und Transparenz (Abb. Seite 146 - 153). Eine andere Art der Weiterentwicklung ergibt sich aus den Strukturen, die automatisch aus der Akkumulation der immer gleichen Bewegung entstehen. Es bildet sich ein Muster, das wiederum dazu animiert, Formen herauszulösen und diese in ein spannungsvolles Gefüge umzuwandeln (Abb. Seite 154 - 157).

Die Meditation, in die der Künstler sich während des Bildermachens versenkt hat, bewirkt, dass die Bildfläche eine starke, geistige Präsenz ausstrahlt: Die Verwandlung von Zeit und Raum in ein Bild ist gelungen.


1996 DR. STEFAN PARADOWSKI, Agentur für Kunst-
und Regionalgeschichte

by Dr. Stefan Paradowski, art historian - on the occasion of an exhibition at Galerie Meier, Arth, 1996

The re-invention of abstract painting

He outsmarted most of them. He hit a hook and dropped into the void those who wanted to ban him to the reservation of watercolours. He made an artistic escape and arrived in the land of acrylic painting. He is now in a place where he is hardly suspected, but completely at home and once again ready to take a new artistic leap.

From image to abstraction

The change of technique is accompanied by that of the wearer: the new works are not painted on paper, but mainly on linen or canvas. But this is not the most obvious and essential change: That from the image to the self-image, from the representational to the non-representational. The model is no longer an excerpt from the real world, but the unbound round dance of colours and forms now enjoys priority.

Lawfulness of adventure

Alfons Bürgler has walked the path of abstraction for the last four years. A cross- section of this creative phase is exhibited. The refusal to produce identifiable pictorial content made him neither helpless nor crisis-prone. On the contrary. The artistic search for new territory triggered a creative thrust. The application of painting's own resources produced a tremendous productivity. The temptation is obvious to equate contact with abstraction with a wild adventure. Behind the seemingly unrestrained diversity of the new acrylic works, however, lies a certain consistency, even regularity.

Character in the ball of dashes

It began with many pen strokes. Alfons Bürgler confided in an experiment without knowing its outcome. He speaks of "meditative drawing". The Surrealists would have talked about the "écriture automatique". He produced a multitude of leaves with scribbles, with balls of sticks. From overlaps and superimpositions of the lines, it was possible to read out randomly formed shapes. At some point, Alfons Bürgler emphasized the abstract figures from the existing group of forms. He intuitively distributed the distilled signs over the entire surface. A new pictorial reality, a new painterly possibility based on ground and figure was born.

Variations of the vocabulary

Through this process Alfons Bürgler developed a kind of method for all further artistic explorations. Above all, it was necessary to translate the newly gained knowledge from the medium of drawing into that of painting. The factor of colour was added and the spectrum of expression enlarged. Now the vocabulary could be used in any variation.

Colour matter and calligraphy

To put it simply, Alfons Bürgler's pictorial production is subject to a twofold procedure, which of course is not purposeful, but subject to the risk of the unpredictable. He begins to paint a surface, perceives it as a field that has to be ploughed over and over again. Each time, the matter of colour produces a different constellation of planar elements such as spots, voids, overpaintings, etc. In additional steps, this time in dark or black stroke forms, he sets calligraphic accents, separates color areas or emphasizes their edges, creates dots or hatches, creates closed or open figurations. The strokes paraphrase, i.e. play around the colours.

Language and mood

The color matter and especially the linear interventions characterize the picture character. Each work has its own language and mood. Sometimes the compositions are spontaneously labyrinthine, sometimes almost systematically set down, sometimes more angular or round, sometimes mainly loosely or densely arranged. In any case, the pictures are the fruit of a dictate of discoveries made during the act of painting.

Not appropriation, but invention

Piet Mondrian, a pioneer of modern painting, detached himself from his academic naturalism by aiming for an incomparably strict pictorial order in a dramatically consequent process. His contemporary Wassily Kandinsky mentions the "desperate lines" and the "inner sound" that are essential to modern painting. Alfons Bürgler speaks of an "inner writing" that led him into a new realm of art. In his own way, he thus imitated the turn to non-representation. He did not simply acquire abstract painting, he lived it through and personally reinvented it.

Loyalty through change

Alfons Bürgler should have known that he would not let himself be restricted, as he once explained: "It is far from me to commit myself to a technique or a topic. In this sense, he also remained true to himself with regard to the current exhibition. There are not only pictures of the kind mentioned above. He has been a freelance artist since 1984 and is one of the very few in Canton Schwyz to have made art their profession. It is not up to him to maintain an artistic position he has once found as a trademark. The material paintings created last summer also bear witness to his changeability: The handmade paper includes stalks, twigs, parts of lights and other things. There would also be a lot to say about that...

1996 DR. STEFAN PARADOWSKI, Agentur für Kunst-
und Regionalgeschichte

von Dr. Stefan Paradowski, Kunsthistoriker, Lachen - anlässlich einer Ausstellung in der Galerie Meier, Arth, 1996

Die nochmalige Erfindung der abstrakten Malerei

Er überlistete die meisten. Er schlug einen Haken und liess jene ins Leere fallen, die ihn ins Reservat der Aquarelle verbannen wollten. Er machte sich künstlerisch aus dem Staub und ist im Land der Acryl-Malerei angekommen. Er befindet sich jetzt dort, wo man ihn kaum vermutet, aber ganz bei sich und abermals bereit, zu einem neuen künstlerischen Sprung anzusetzen.

Vom Abbild zur Abstraktion

Mit dem Wechsel der Technik geht jener des Trägers einher: die neuen Werke sind nicht auf Papier, sondern hauptsächlich auf Lein- oder Segeltuch gemalt. Doch damit ist die augenfälligste und wesentlichste Veränderung noch nicht benannt: Jene vom Abbild zum Eigenbild, von der Gegenständlichkeit zur Ungegenständlichkeit. Nicht mehr ein Ausschnitt aus der realen Welt ist Vorlage, sondern der ungebundene Reigen der Farben und Formen geniesst jetzt Vorrang.

Gesetzmässigkeit des Abenteuers

Alfons Bürgler wandelte in den letzten vier Jahren auf dem Pfad der Abstraktion. Ein Querschnitt dieser Schaffensphase ist ausgestellt. Die Absage an die Herstellung identifizierbarer Bildinhalte machte ihn weder ratlos noch krisenanfällig. Im Gegenteil. Die künstlerische Suche nach Neuland löste einen kreativen Schub aus. Die Anwendung der Eigenmittel der Malerei zeitigte eine ungeheure Produktivität. Die Versuchung liegt nahe, die Kontaktnahme mit der Abstraktion einem wilden Abenteuer gleichzustellen. Hinter der scheinbar unbändigen Vielfalt der neuen Acryl- Werke steckt jedoch eine gewisse Folgerichtigkeit, ja Gesetzmässigkeit.

Zeichen im Strichknäuel

Es begann mit vielen Federstrichen. Alfons Bürgler vertraute sich einem Experiment an, ohne dessen Ausgang zu kennen. Er spricht vom "meditativen Zeichnen". Die Surrealisten hätten von der "écriture automatique" geredet. Er brachte eine Vielzahl von Blättern mit Kritzeleien, mit Strichknäueln hervor. Aus Überschneidungen und Überlagerungen der Linien liessen sich zufällig entstandene Formgebilde herauslesen. Irgendwann hob Alfons Bürgler die abstrakten Gestalten aus dem vorhandenen Formenverband hervor. Die herausdestillierten Zeichen verteilte er intuitiv auf die ganze Fläche. Eine neue Bildwirklichkeit, eine neue malerische Möglichkeit auf der Basis von Grund und Figur war geboren.

Variationen des Vokabulars

Durch diesen Prozess erarbeitete sich Alfons Bürgler eine Art Methode für alle weiteren künstlerischen Erkundungen. Vor allem galt es, die neu gewonnenen Erkenntnisse vom Medium der Zeichnung in das der Malerei zu übersetzen. Der Faktor Farbe trat hinzu und vergrösserte das Ausdrucksspektrum. Nun konnte das Vokabular in beliebiger Variation zur Anwendung gebracht werden.

Farbmaterie und Kalligrafie

Vereinfacht gesagt unterliegt Alfons Bürglers Bildherstellung einer zweifachen Verfahrensweise, die freilich nicht zielgerichtet verläuft, sondern sich dem Risiko des Unvorhersehbaren unterwirft. Er beginnt eine Fläche zu bemalen, fasst sie als ein Feld auf, das es stets neu zu beackern gilt. Jedes Mal bewirkt die Farbmaterie eine andere Konstellation aus flächigen Elementen wie Flecken, Leerstellen, Übermalungen usw. In zusätzlichen Schritten, diesmal in dunklen oder schwarzen Strichformen, setzt er kalligrafische Akzente, scheidet Farbflächen oder betont deren Ränder, bringt Punkte oder Schraffuren an, erzeugt geschlossene oder offene Figurationen. Die Striche paraphrasieren, umspielen also die Farben.

Sprachmittel und Stimmungslage

Die Farbmaterie und besonders die linear ausgeführten Eingriffe prägen den Bildcharakter. Jedes Werk bringt ein eigenes Sprachmittel, eine eigene Stimmungslage zur Anschauung. Mal entstehen spontan labyrinthartige, mal fast systematisch hingesetzte Kompositionen, mal sind eher eckige oder runde, mal hauptsächlich locker oder dicht angeordnete Formen dominant. Jedenfalls sind die Bilder Frucht eines Diktats der Entdeckungen, die sich während des Malaktes einstellen.

Nicht Aneignung, sondern Erfindung

Piet Mondrian, ein Pionier der modernen Malerei, nabelte sich von seinem akademischen Naturalismus ab, indem er in einem dramatisch konsequenten Prozess eine unvergleichlich strenge Bildordnung anpeilte. Sein Zeitgenosse Wassily Kandinsky erwähnt die "verzweifelten Linien" und den "inneren Klang", die für die moderne Malerei wesentlich sind. Alfons Bürgler spricht von einer "inneren Schrift", die ihn in ein neues Kunstreich führte. Damit vollzog er auf seine Weise die Wende zur Ungegenständlichkeit nach. Er eignete sich die abstrakte Malerei nicht einfach an, er durchlebte, erfand sie persönlich noch einmal.

Treue durch Veränderung

Dass sich Alfons Bürgler nicht einengen lässt, hätte man wissen sollen, erklärte er doch einmal: " Es liegt mir fern, mich festzulegen auf eine Technik oder auf ein Thema." In diesem Sinne blieb er sich auch hinsichtlich der jetzigen Ausstellung treu. Es sind ja nicht nur Bilder von der Art zu sehen, die oben erwähnt sind. Seit 1984 ist er freischaffend und einer der ganz wenigen im Kanton Schwyz, die die Kunst zu ihrem Beruf gemacht haben. Es liegt ihm nicht, eine einmal gefundene künstlerische Position wie ein Markenzeichen beizubehalten. Zeugnis seiner Wandelbarkeit legen auch die im letzten Sommer entstandenen Materialbilder ab: Im handgeschöpften Papier eingeschlossen sind Halme, Zweige, Lauchteile und andere Dinge. Auch dazu wäre viel zu sagen...


1992 DR. MARKUS BAMERT, Kunsthistoriker

Einführung zu einer Ausstellung von Alfons Bürgler in der Galerie Oberhuus Greppen
30. August 1992

Sehr geehrte Damen und Herren Lieber Alfons

Es freut mich ganz besonders, dass ich die Einführung zur Ausstellung in der Galerie im Oberhuus von Alfons Bürgler halten darf.

Seit gut 10 Jahren verfolge ich sein Schaffen und seinen Werdegang. Dieser Werdegang ist für einen stillen Beobachter recht interessant, aber im Prinzip auch gut nachvollziehbar.

Alfons Bürgler hat recht früh den Schritt zum freischaffenden Künstler gewagt. Nach einer Schneiderlehre und anschliessender kaufmännischer Ausbildung arbeitete er einige Jahre 50% in einem Architekturbüro als Buchhalter. Die übrige Zeit reservierte er für sich zum Malen und Gestalten.

Während Jahren befasste er sich fast ausschliesslich mit den Ausdrucksmöglichkeiten des Aquarells. In diesen Jahren entstanden unzählige feine Arbeiten. Modell standen ihm dabei unsere einheimische Landschaft, aber auch Blumen, Menschen und Tiere. Bei diesen Aquarellen, die stark dem Realismus verpflichtet sind, hat Alfons Bürgler sein Auge geschult. Wenn ich von Realismus spreche, meine ich aber nicht genau abgemalte Wirklichkeit, sondern eine stark umgesetzte. Der Maler sieht, etwas vereinfacht gesagt - in der Wirklichkeit das, was er sehen will. Dies greift er auf und bringt es zu Papier. Dabei kann das einerseits Form, anderseits auch Farbe sein. Erst so kann eine Landschaft stimmungsmässig erfasst werden. Einen wesentlichen Schritt bei diesem Sehenlernen hat Alfons Bürgler in Marokko erfahren. In der marrokanischen Landschaft hat er das Licht kennen gelernt und in seine Bilder aufgenommen. Die Beschäftigung mit der Landschaft hat aber auch zu Tiefschlägen, zum Treten am eigenen Ort geführt. In vielen Werken, die vor 4 - 5 Jahren entstanden sind, spürt man das Suchen nach neuen Wegen, nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten.

Kontinuierlich hat sich Alfons den Weg erarbeitet. Grosser Fleiss war dazu nötig. Allzu gross war die Gefahr, auf dem alten Weg weiter zu arbeiten, zumal er damit einen recht grossen Erfolg verbuchen konnte. Die andere Gefahr bestand im sich sprunghaft von einem beschrittenen Weg wegzubegeben, dem Experimentellen zu verfallen. Die heutige Kunstszene läuft Gefahr, das noch nie da gewesene in den Himmel zu heben, ungefragt, ob Qualität oder ernsthaftes Schaffen dahinter steht. Die Eintagsfliege ist gefragt und wird diskutiert. Dieser Versuchung ist Alfons Bürgler nicht erlegen. Vielmehr hat er einen Weg aus seiner Kontinuität heraus gesucht, sukzessive und sich selber gegenüber ehrlich.

Als ein Kernereignis in seiner langjährigen Entwicklung darf sicher ein Flug über die Landschaft von Mexiko angesehen werden. Plötzlich bot sich ihm die Landschaft in ihrer geometrischen Ausbreitung dar, Felder, Flüsse, Wälder, Steppen, die sich aneinander reihen.

Dieses Erlebnis hat ihm eine neue Perspektive der Landschaft eröffnet, die er in einigen Bildern verarbeitet hat. Die Farbe gewinnt an Dominanz, die Form wird einfach und tritt zurück.

Von diesen Werken an, die auch an der Kunstszene Schwyz vor einem Jahr ausgestellt waren, führt der Weg kontinuierlich zu den Werken, die hier ausgestellt sind. Parallel dazu sind aber immer wieder Aquarelle entstanden, die an seine Tradition anschliessen. Dabei darf aber nicht von Parallelwegen gesprochen werden, wenn man zuerst verfolgt, wie die künstlerische Entwicklung verläuft. Alfons Bürgler betrachtet seine Aquarelle insbesondere auch als Studien für die Pinselführung.

Das Aquarell verlangt ein präzises, schnelles Arbeiten und höchste Konzentration. Eine Überarbeitung ist nicht möglich, da ein einmal gesetzter Pinselstrich nicht korrigiert werden kann, wenn das Bild seine Frische, seine Leuchtkraft behalten will.

Nun aber zu den abstrahierten und abstrakten Arbeiten, die hier ausgestellt sind.

Alle diese Bilder sind wie gesagt ein Ergebnis der intensiven Suche nach Weiterentwicklung. In grossformatigen Federzeichnungen sucht Alfons Bürgler neue Formen und Ausdrucksmöglichkeiten. Zudem strebt er mit einfachsten Mitteln eine Verdichtung der Intensität von Blatt zu Blatt an. In der Folge greift er aus diesen Blättern Einzelformen heraus und setzt sie in Farbe um. Diese Blätter zeichnen sich durch grosse Regelmässigkeit der Bildfläche aus. Die Spannung ist auf das Blatt gleichmässig verteilt. Dadurch strahlen sie auch eine grosse Ruhe aus. Die Spannung hingegen ist in den Binnenformen zu suchen. Kleine in eine Unifläche eingestreute Figürchen unterschiedlichster Ausbildung sind aneinander gereiht, vielfach mit Kohle dunkel umrahmt. Diese Formen können positiv auf farbigem Grund ausgespart betrachtet werden. In der gleichen Zeit entstanden grossformatige Bilder auf Papier, die die gleiche Regelmässigkeit über die ganze Bildfläche zeigen, die aber in ihrem Gesamtausdruck wesentlich verfeinert sind. Es sind abstrakte, malerischen Flächen, von Formen kann man kaum mehr sprechen. Durch ihre Feinheit erhalten diese Blätter etwas Stoffhaltiges, Textiles, Tapetenartiges. Aus der Nähe betrachtet zeigt sich aber eine feinste Oberflächenbehandlung mit der Feder, die dem Aquarell Struktur gibt.

In jüngster Zeit hat Alfons Bürgler diese Technik weitergeführt. Es entstanden kleinere quadratische Bilder auf Leinwand, nicht aber auf grundierter Malleinwand, sondern auf gewöhnlichen gebrauchten Leintüchern, die er in Stücke gerissen hat. Diese Leinwandstücke hat er mit Farbe vorbereitet, bemalt, die Farbe wieder ausgewaschen; der zerfranste Rand bleibt erhalten. Auf diese präparierten Leinwände hat Alfons Bürgler seine Zeichen gesetzt. Dabei verwendet er ganz verschiedene Techniken, Aquarell, Gouache, Acryl aber auch Kohle. Er übernimmt die Richtungslosigkeit der vorher beschriebenen Bilder. Sie sind nicht auf einen Fix- oder Höhepunkt hin ausgearbeitet, sondern die Zeichen breiten sich regelmässig über das ganze Stück Leinwand aus, ja sie scheinen sich über den Rand hinaus fortzusetzen. Das Unfertige des Leinwandrandes verstärkt diesen Eindruck.

Dabei sind nun plötzlich wieder Anlehnungen an die Landschaft zu erkennen, nun aber ganz anders als in den Aquarellen, viel zeichenhafter, stimmungsvoller, symbolhafter. Aber auch kleine figürliche Elemente finden wir eingestreut.

Diese Bilder erhalten dadurch eine starke Kompaktheit und Geschlossenheit, die die Bilder grösser erscheinen lässt als sie tatsächlich sind. Zudem verbünden sie ihre Aussage, je nachdem, ob man sie aus Distanz oder aus der Nähe betrachtet. Die unterschiedliche Farbintensität trägt zu diesem Ausdruck wesentlich bei. Der ruhige,

ausgewaschene Hintergrund kontrastiert mit dem pastos aufgetragenen Vordergrund. Dadurch entsteht auch eine Bildtiefe, ohne aber die Perspektive einzusetzen.

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, dass das künstlerische Schaffen von Alfons Bürgler gerade in den letzten Jahren eine starke Entwicklung mitgemacht hat. Wie aber bereits gesagt, ist diese Entwicklung nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich. Die Bilder von Alfons Bürgler werden dadurch sicher nicht leichter verständlich, aber ausdruckstärker. Sie bieten dem Betrachter Gelegenheit, sich länger mit einem Werk zu befassen, das darin herauszulesen, was er sehen will, ohne die Werke dadurch zu überinterpretieren. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Betrachten der Bilder, und Dir, lieber Alfons, wünsche ich viel Glück und Beharrlichkeit auf Deinem Weg, vor allem wünsche ich dir, dass du dienen Weg weiter verfolgen kannst, kontinuierlich und nicht sprunghaft.